Der Verkehrsunfall und seine Folgen - 26.05.2015 Wochenkurier

Für jeden Beteiligten ist und bleibt ein Verkehrsunfall ein einschneidendes und un-vergessenes Ereignis. Von einem auf den anderen Augenblick sieht man sich mit einer ungewohnten Situation konfrontiert, die oft nicht einfach zu lösen ist.
Wichtig ist nach einem Unfall zunächst, diesen so umfassend wie möglich zu doku-mentieren. Dies geschieht meist durch die polizeiliche Unfallaufnahme. Eigene Fotos zur Unfallörtlichkeit, zum Kollisionspunkt und zum Schadensbild sind stets hilfreich.
Ist das eigene Fahrzeug dann geborgen, stellt sich die Frage, wie und gegen wen man seinen durch den Unfall erlittenen Schaden geltend machen kann. Dazu ist die Feststellung wichtig, wie hoch der am eigenen Fahrzeug entstandene Schaden ist. Denn die weitere Vorgehensweise ist abhängig davon, ob ein sogenannter „Totalschaden" oder „Reparaturschaden" vorliegt und wie die Haftungsverteilung eingeschätzt wird. Bei der Schadensermittlung bedienen sich viele Unfallbeteiligte der Mithilfe von regionalen Kfz-Sachverständigenbüros. Diese ermitteln nach einer eingehenden Besichtigung des Fahrzeuges den Wiederbeschaffungswert, den Restwert sowie die Reparaturkosten. Liegen Letztere deutlich über dem Wiederbeschaffungswert, liegt ein wirtschaftlicher Totalschaden vor. In diesen Fällen erstattet die eintrittspflichtige Versicherung (Haftpflichtversicherung des Unfallgegners oder die eigene Kaskoversicherung) lediglich den Wiederbeschaffungsaufwand. Dabei hat der Geschädigte die Möglichkeit, sein altes Fahrzeug zum höchstmöglichen Restwert zu veräußern, um sich dann ein neues Fahrzeug zuzulegen. Alternativ kann er aber auch sein altes Fahrzeug behalten. In beiden Fällen erhält der Geschädigte jedoch stets nur den Wiederbeschaffungsaufwand, sprich die Differenz zwischen dem Wiederbeschaf-fungswert und dem Restwert. Denn der Geschädigte hat grundsätzlich Anspruch auf den Ersatz der Kosten, die zur Wiederherstellung der beschädigten Sachen erforder-lich sind. War das Fahrzeug also vor dem Unfall z. B. 4.000,00 € wert, so kann er im Schadensfall auch nur maximal 4.000,00 € ersetzt verlangen, unabhängig davon, ob die möglichen Reparaturkosten deutlich darüber liegen.
Liegt ein Reparaturschaden vor, so genügt zur Schadensfeststellung meist auch ein Kostenvoranschlag einer Werkstatt mit den dazugehörigen Fotos vom beschädigten Fahrzeug. Zu späteren Beweiszwecken ist ein Sachverständigengutachten jedoch besser geeignet.
Nach der Schadensfeststellung sollte bei einem unverschuldeten Unfall unverzüglich die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners angeschrieben werden. Sie ist über den Unfallhergang zu informieren und zum Schadensausgleich aufzufordern. Dabei ist mittlerweile rechtlich anerkannt, dass dem Haftpflichtversicherer des Schädigers eine Prüfungsfrist von 3 – 5 Wochen zusteht, in der er die Forderung prüfen und sich die nötigen Unterlagen beschaffen kann. Während dieser Zeit ist auf Seiten des Geschädigten zu entscheiden, ob er einen Mietwagen nutzt, sein ggf. noch fahr- und verkehrstüchtiges Fahrzeug weiterfährt oder sich anderweitig behilft. In jedem Fall muss er in dieser Zeit nicht auf einen fahrbaren Untersatz verzichten.
Nimmt der Geschädigte keinen Mietwagen in Anspruch, so steht ihm eine Nut-zungsausfallentschädigung zu. Die Höhe richtet sich nach dem Alter und dem Typ des Fahrzeuges und kann z. B. bei einem 3-jährigen Mittelklassewagen zirka 40,00 € - 50,00 € pro Tag ausmachen.
Neben den allgemein bekannten Schadenspositionen wie Reparaturkosten und Nut-zungsausfall sind aber auch noch andere Posten denkbar, die es zu beachten gilt, wie die Wertminderung am Fahrzeug, Abschleppkosten, An- und Abmeldekosten, Standgebühren, Finanzierungskosten und Auslagenpauschale.
In vielen Fällen versuchen die Versicherungen, bei einigen Positionen zu kürzen oder manche gänzlich zu vernachlässigen. Hier ist der Geschädigte stets gehalten, sich rechtzeitig und umfassend über seine Rechte bei einem Rechtsanwalt zu informieren.

RA R. Geßler
Fachanwalt für Verkehrsrecht, ADAC Vertragsanwalt