Das neue Mindestlohngesetz – Auswirkungen auf die Praxis - 31.03.2015 Wochenkurier
Ab dem 01.01.2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde. Dabei steht fest, dass der Mindestlohn uneingeschränkt für alle Arbeitsverhältnisse zur Anwendung kommt. Dieser Mindestlohn ist zum vereinbarten Zeitpunkt zu zahlen, spätestens jedoch am letzten Bankarbeitstag des darauffolgenden Monats.
Der Mindestlohn betrifft grundsätzlich den Bereich des Niedriglohnsektors. Somit kann jeder Arbeitnehmer, der bislang weniger als 8,50 € pro Stunde gezahlt bekommen hat, für die gleiche Arbeit diesen Mindeststundensatz fordern. Dies führt bei gleicher Arbeitszeit zu einer mehr oder weniger großen Lohnerhöhung.
Für den Arbeitgeber im Niedriglohnbereich bedeutet dies wiederum, dass er ab Januar 2015 seinen Arbeitnehmern für die gleiche Arbeitszeit mehr Lohn zahlen muss. Dies wird in manchen Betrieben oder Unternehmen zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen. So wird der Arbeitgeber darauf reagieren müssen und gehalten sein, rechtlich zulässige Gegenmaßnahmen einzuleiten. Diese können, je nach Größe des Betriebes oder je nach Anzahl der Mitarbeiter, sehr unterschiedlich sein. Dabei werden wohl Arbeitszeitkürzungen und –verlagerungen sowie Personalreduzierungen eine wichtige Rolle spielen. Welche Maßnahme für den Arbeitgeber die sinnvollste ist, muss im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden.
Andererseits ist aber auch der Arbeitnehmer gehalten, nicht jede Maßnahme des Arbeitgebers kommentarlos hinzunehmen. Er ist berechtigt, jede zu seinen Lasten gehende Arbeitgeberanordnung rechtlich überprüfen zu lassen, notfalls auch vor dem Arbeitsgericht.
Viel problematischer als die reine Anpassung auf 8,50 € pro Stunde wird sein, wie der Arbeitgeber mit variablen leistungsabhängigen Vergütungen, Zulagen oder Provisionen umgeht. So könnte er diese unter Umständen auf den jetzigen Mindestlohn anrechnen. Ob dies in jedem Fall dann rechtens ist, hängt von der Art der Sonderzahlung oder Provision ab, oder davon, wann und wie oft sie gezahlt wurde. Auch hier wird sich in der Regel eine rechtliche Prüfung im Einzelfall nicht vermeiden lassen. Denn ob ein Vergütungsbestandteil als Zuschuss zur Normalleistung oder als außerordentlicher Bonus einzustufen ist, ist für den Arbeitnehmer schwer einzuschätzen.
Im Ergebnis hat der Gesetzgeber mit dem Mindestlohngesetz versucht, angemessene Arbeitsbedingungen sicherzustellen. Dumpinglöhne und soziale Ungleichheiten sollen verhindert werden.
Ob diese Ziele erreicht werden, kann nach so kurzer Dauer noch nicht eingeschätzt werden. Dies bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall wird der Mindestlohn die Situation der Arbeitnehmer im unteren Einkommensbereich verbessern. Auch müssen viele Arbeitgeber lernen, mit dem Mindestlohngesetz umzugehen, was Veränderungen mit sich bringt. Zudem wirft das neue Gesetz auch viele Fragen auf, die erst im Laufe der Zeit beantwortet werden können.
Insoweit sind sowohl die Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer gut beraten, sich rechtzeitig über die Auswirkungen des Mindestlohngesetzes zu informieren. Nur so können Nachteile im Vorfeld verhindert werden.
RA R. Geßler, Guben
Fachanwalt für Arbeitsrecht